Donnerstag, 23. Oktober 2025

Damals und heute

 


Seit ich von der Buchmesse zurück bin, denke ich ganz oft an das vierzehnjährige Mädchen, das heulend auf seinem Bett saß und beschlossen hat, Schriftstellerin zu werden. Damals gab es für mich zwei Welten – eine bunte in mir drin und eine schwierige draußen, wo all die anderen Menschen waren. Zwischen beiden Welten lag für mich ein tiefer, kaum überwindbarer Graben. Ich war zu jener Zeit schüchtern und unsicher, es fiel mir schwer, über das zu sprechen, was in mir vorging. Ich hatte Angst davor, meine Stimme zu hören.


Aus dieser Not heraus wurde ich meine eigene beste Freundin. Ich führte Selbstgespräche, mein unsicheres Ich und mein großspurig träumendes Ich sprachen uns gegenseitig Mut zu und lernten, einander zu lieben. Gemeinsam haben wir die Welt da draußen studiert, haben den Sinn darin gesucht und unsere geheime innere Welt mit unseren Fantasien tapeziert.


Eines Tages lasen wir die letzten Seiten von „Der Herr der Ringe“ und waren in Tränen aufgelöst. Nicht nur, weil uns diese Geschichte so erschüttert und beglückt hatte, sondern auch, weil sich plötzlich ein Weg auftat, der von drinnen nach draußen führte, in die Welt der anderen Menschen: Mein unsicheres Ich und mein damals etwas größenwahnsinniges Träumer-Ich wollten ihr geheimes Leben  in Worte fassen, wollten Bücher schreiben, wollten das, was sie sonst nicht sagen konnten, in Geschichten stecken, die irgendwo ankommen – genauso wie Tolkiens Geschichte bei uns angekommen war.


Der Plan war gefasst und er war ehrgeizig und groß. Die Umsetzung hat Jahrzehnte in Anspruch genommen. Die zwei Ichs mussten so viel lernen und sind währenddessen zu einer Person verschmolzen (auch wenn ich manchmal immer noch Selbstgespräche führe). Mein unsicheres Ich lernte zu lachen, mein träumendes, größenwahnsinniges Ich, das unbedingt berühmt werden wollte, erlernte Demut und Ehrfurcht.


Hier bin ich nun, gut vierzig Jahre später, und habe alles, was ich bin, was ich liebe und fürchte, was ich bewundere, was ich anbete, was ich in dieser Welt gefunden und verloren habe, was ich verstehe und zugleich nicht verstehe, was mich schmerzt und was mich verwandelt, in meine Bücher gesteckt. Und ihr seid am letzten Wochenende extra auf der Buchmesse erschienen, um mir persönlich zu erzählen, dass all das angekommen ist. So viele von euch waren da, viel mehr noch als 2019, was mich unglaublich überrascht und gefreut hat, da meine Bücher vor sechs Jahren viel populärer waren als heute.


Ich sehe mich wieder mit vierzehn Jahren auf dem Bett sitzen, das Herr-der-Ringe-Buch in der Hand, heulend und praktisch stumm. Damals bin ich losgelaufen, beseelt von dem Wunsch, etwas zu erzählen, das die Welt für irgendjemanden schöner oder sinnvoller macht. Ich bin losgelaufen und war ewig unterwegs und als ich schon dachte, ich würde niemals ankommen, habe ich euch gefunden! All die Jahre hätte ich mir nichts Schöneres erträumen können als das, was ihr mir auf der Buchmesse erzählt habt. Eure Worte sind wie Sternschnuppen in mein Herz gefallen.


Gerade in diesen Zeiten, in denen mehr und mehr Menschen aus Angst oder Not ihre Herzen verschließen und destruktiv um sich schlagen, müssen wir uns immer wieder vergegenwärtigen, dass alles in dieser Welt ein Wunder in sich birgt. Diese Wunder zu suchen und zu erforschen – schreibend, malend, lesend, denkend, fühlend – ist das Lohnendste und Liebenswürdigste, was ein Mensch tun kann. So bringen wir uns gegenseitig durch dunkle Zeiten, so finden wir nach Hause. Das habt ihr mir auf der Buchmesse so eindrücklich vor Augen geführt! Daran können wir uns festhalten.


In großer Liebe und Dankbarkeit - eure Halo




 

PS: Die kleine heilige Universums(schild)kröte habe ich bei der Signierstunde am Sonntag geschenkt bekommen (danke, Marie ❤️). Lustigerweise stelle ich mir die Kröte auch oft als Schildkröte vor. Auf dem unteren Bild rechts seht ihr die Talkrunde mit BoD und der Regency- und Fantasy-Autorin Dana Graham. Live reden ist nicht meine Stärke, aber Dana hat es rausgerissen 😂!

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