Donnerstag, 16. März 2023

Die Magie einer Autorenschnecke

 

Ich habe jemandem versprochen (ja, dir Hans mit einem „n“), endlich mal wieder etwas zu posten. Gleichzeitig entschuldige ich mich für die lange Stille, aber ich war schreibverwirrt in den Niemandsländern unterwegs, immer wieder wortlos und auf der Suche nach dem Leuchten der Buchstaben. So eine Zeit ist unbequem, aber muss ausgehalten werden, denn ohne eine lebendige Kompassnadel in mir drin bin ich ziellos und jeder eingeschlagene Schreibweg erscheint mir blass und überflüssig.


Ich habe viel geschrieben und fast genauso viel wieder aufgegeben, habe hundert Wege ausprobiert, habe Vergangenheit und Zukunft losgelassen, habe möglichst ehrlich in mich selbst, mein Leben und die Welt hineingehorcht. So lange, bis ich endlich in einem Wald aus erloschenen Fragen über jene Gewissheit gestolpert bin, die meine Arbeit mit Magie speist. Eine Magie, die ich eigentlich nicht verstehe, die aber plötzlich alles belebt, wenn ich mich wie Maria furchtlos in weltlose Räume begebe, zuversichtlich, dass das schon irgendwie klappen wird.


Genau diese Zuversicht hat mir im letzten Herbst, als ich am zehnten Band der Sumpfloch-Saga geschrieben habe, gefehlt. Was ich geschrieben hatte, war gut, aber ich bin in Panik geraten, dass die Aufgabe zu groß und ich zu klein dafür sein könnte. Zudem hat mich das Werk, das ihr auf dem Foto im Regal stehen seht, mit seiner Bedeutung erdrückt.


Mittlerweile habe ich viel gelernt und herausgefunden. Es bringt nichts, ehrfürchtig vor dem Regal zu stehen und sich zu fragen, wie ich das jemals schaffen konnte. Denn ich habe ja nichts geschafft in dem Sinne, dass ich ein Gebirge von Buchstaben hochgewuchtet und von einer Wirklichkeit in die andere getragen hätte. Die Saga wurde nicht an einem Tag geschrieben, sondern ich habe sie jahrelang Wort für Wort entdeckt, ein- und ausgeatmet, durchwandert, erlebt. Wie das Leben selbst hat sie sich ereignet. Sie kam des Weges, ihr Weg war meiner.


Neulich habe ich das Manuskript von Sumpfloch 10 wieder geöffnet und bin darin versunken. Ich habe Problemstellen ausgemacht, sah aber auch, dass die Erzählung genauso lebendig war wie die bereits veröffentlichten Teile. Ich besserte aus, was nicht stimmte, schrieb weiter und war auf einmal wieder eins mit Amuylett. Die Magie fließt, sobald ich aufhöre, nachzudenken. Ich muss mich blind auf etwas verlassen, das ich nicht erklären kann.


Breik, der Halbsatyr, spielt übrigens auch eine Rolle im zehnten Teil, weswegen ich im August auf die Idee kam, die Zaubermacher innerhalb der Saga weiterzuerzählen. Doch das hat nicht geklappt. Mittlerweile liegen etliche Anfänge der Zaubermacher-Fortsetzung und ein sehr schönes Cover in meinem digitalen „Mal-sehen“-Ordner, ebenso wie weitere angefangene Geschichten innerhalb und außerhalb von Amuylett. Auch das bereits begonnene Rabenschwärze-Projekt wartet. Leider weiß ich auf jegliche Fragen, die mit dem Wort „wann“ anfangen, keine Antwort. In meinem Schreibuniversum boykottiert der Bus der Wunder mit Wonne jeden Fahrplan.


Vor einigen Wochen war ich krank (zum ersten Mal der prominente Virus) und während meiner Genesungszeit bin ich tief, bis über beide Ohren in „Die unendliche Geschichte“ eingetaucht. Michael Ende hat mit diesem wunderbaren Werk gerungen, hat immer wieder neu angefangen, hat sich in die Geschichte hinein- und wieder herausgearbeitet und dabei sehr viel mehr im Papierkorb versenkt als stehen gelassen.


 Es hat mir Mut gemacht, das zu lesen, denn der Aufwand, den ich manchmal betreibe, weil ich sonst nicht zufrieden bin, kommt mir zunehmend zermürbend und unzeitgemäß vor. In diesem Tempo wird man aus allen Richtungen mit lautem Geknatter überholt. Aber was zählt, ist doch am Ende der Wert, den eine Geschichte hat – für einen selbst und für diejenigen, die sie lesen.


„Die unendliche Geschichte“ hat mich zutiefst beeindruckt, als ich dreizehn war, und sie hat mich vierzig Jahre später noch einmal mitgerissen und in einen ganz besonderen Zustand versetzt. Genau das wünsche ich mir von Büchern! Manchmal muss man eben ringen und hadern, um den Zauberweg zu finden. Ja, mehr noch als das: Im Ringen selbst erfüllt sich etwas. Und wenn sich etwas erfüllt, dann ist eigentlich alles gut 😊.


Ich bitte also um Verzeihung für die lange Wartezeit und bedanke mich vielmals für eure Geduld, den wertvollen Rückhalt und euren Glauben an mich. Ohne euch wäre ich keine Heldin auf der Suche, sondern nur eine konfuse Maria ohne Bodenhaftung. Ganz großen, herzlichen Dank dafür 💖.