Für diejenigen unter euch, die schon vorauslesen möchten: Ab heute könnt ihr auf dieser Seite die Fortsetzung des ersten Kapitels von Band 8.1 lesen. Falls ihr den
Anfang des ersten Kapitels noch nicht kennt, findet ihr ihn unter diesem Link:
Band 8.1, Kapitel 1 - zweiter Teil:
„Sieh mal!“, sagte Hanns und hob die Hand. Mit dem Finger zeigte er auf
eine Stelle in seinem Gesicht, die zuvor durch einen Tarnzauber verborgen
gewesen war. Ein blutiger Kratzer zog sich quer über Hanns’ linke Wange.
Lisandra gab einen Laut der Überraschung von sich.
„Damit läufst du herum?“, fragte sie. „Estephaga könnte die Schramme
sofort mit einem Heilzauber entfernen!“
„Ich könnte das auch, wenn es ein normaler Kratzer wäre. Aber er ist mit
übelster Magikalie aufgeladen und daher nicht mit simplen Standardzaubern
heilbar.“
Lisandra lachte los.
„Du sprichst von ... Cruda-Magie?“
Er antwortete nicht, aber lachte ebenso, was Antwort genug war.
„Was hast du verbrochen?“, fragte Lisandra. „Warum hat sie ihre Krallen
ausgefahren?“
„Sie war eine Katze und es war nur Spaß“, erklärte er. „Oder was Crudas
so unter Spaß verstehen. Gut, vielleicht habe ich sie auch ein wenig gereizt,
weil ich nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt habe ...“
„Was du natürlich mit voller Absicht getan hast!“
„Trotzdem kam der Angriff überraschend.“
„Du hast es bestimmt verdient.“
„Das Blöde ist“, sagte er, „dass ich jetzt warten muss, bis die Wunde auf
normalem Weg ausheilt, und bis dahin muss ich mit diesem lächerlichen
Tarnzauber herumlaufen. Die Leute sollen mich schließlich für einen allmächtigen
Weltbeherrscher halten und da passt so ein Kratzer nur schlecht ins Bild.“
Mit unverhohlener Schadenfreude inspizierte Lisandra das Zeugnis von
Scarletts Zorn in Hanns’ sonst so ansehnlichem Antlitz.
„Es könnte durchaus heldenhaft aussehen“, sagte sie, „wenn du dir den
Kratzer im Kampf mit einem Drachen zugezogen hättest. Als Abzeichen deiner
Tapferkeit.“
„Sie ist ein Drache!“,
antwortete er. „Und sie zu lieben, ist lebensgefährlich, wie du ja wohl weißt.“
Lisandra war klar, worauf er anspielte. Erst vorgestern hatten sie und
ihre Freundinnen die aufgebrachte Scarlett mal wieder von ihrer
erschreckendsten Seite kennengelernt. Es war eine dieser Filmaufnahmen im
Hungersaal gezeigt worden, die dafür sorgen sollten, dass die ganze Welt
geschlossen hinter Hanns und seinen Verbündeten stand und angesichts der
hübschen Bilder des Regenten-Paares alle Sorgen, Ängste und Nöte für eine Weile
vergaß.
Leider zeigte eins dieser Bilder den schmucken Hanns mit seiner anmutigen
Verlobten bei einer prunkvollen Abendveranstaltung in Tolois. Hanns hielt
Lumilis Hand, führte sie durch eine Art Ballsaal voller herausgeputzter Gäste
und ließ es geschehen, dass sie sich hingebungsvoll an seinen Arm schmiegte und
ihn betörend anlächelte. Was dann geschah, hätte das Filmglas besser nicht
eingefangen, denn Hanns drückte als Antwort seine Lippen auf Lumilis Stirn und
die Welt sah einen Kuss, der so hochromantisch und zärtlich wirkte wie der
Inbegriff der größten und reinsten Liebe.
Scarlett war es gelungen, im Hungersaal die Fassung zu bewahren, doch
danach, im Zimmer 773, hatte sie ihrer Wut freien Lauf gelassen, was bedeutete,
dass es in dem kleinen Raum extrem dunkel, selten unangenehm und überaus
gruselig geworden war. Selbst Lisandras widerstandsfähiges Gemüt war dadurch
auf eine harte Probe gestellt worden.
Zwischenzeitlich beruhigte sich die wütende Cruda wieder, doch nachdem
Maria Hanns und Haul in Tolois abgeholt, durch ihre Spiegelwelt geführt und in
das Zimmer der Mädchen gebracht hatte, in dem Scarlett immer noch schweigend
schmollte, durften Lisandra und ihre Freundinnen erleben, wie tapfer Hanns
tatsächlich war.
Scarlett und Hanns verschwanden fliegend im Garten und kurz darauf brach
ein denkwürdiges Unwetter los. Bei den Cruda-Blitzen und bösartigen
Donnerschlägen, die auf die Festung herniederfuhren, bekam selbst Haul Angst um
Hanns’ Unversehrtheit. Doch das Unwetter beruhigte sich irgendwann, die Festung
stand am nächsten Morgen noch und Scarletts Lächeln am Frühstückstisch ließ
vermuten, dass die Auseinandersetzung ebenso wie die anschließende Versöhnung ganz
nach ihrem Geschmack verlaufen waren.
Die Sache mit Lumili war aber auch eine schwierige Angelegenheit.
Lisandra nahm zwar stark an, dass Hanns die Wahrheit sagte, wenn er behauptete,
dass ihm nichts an seiner Verlobten lag. Bestimmt tat er auch nichts
Verwerflicheres, als Lumili ab und zu ein paar harmlose Küsse zu geben. Doch
Lisandra hätte keine solche Filmaufnahme von Haul und einem anderen Mädchen
sehen wollen, noch dazu vor dem Hintergrund, dass Hanns das sagenhaft schöne
Geschöpf, das er so zuvorkommend behandelte, womöglich eines Tages wirklich
würde heiraten müssen. Insofern verstand Lisandra Scarletts Wut. Sie verstand
aber auch, dass Hanns ein wichtiges Ziel verfolgte. Er war entschlossen und er
würde weit gehen – zu weit vielleicht – um zu schaffen, was er sich vorgenommen
hatte.
Lisandra schreckte aus ihren Gedanken hoch, da nun passierte, worauf sie
und Hanns gewartet hatten: Die Tür, die früher in die neue Welt geführt hatte,
öffnete sich und Gerald trat in den Keller, in Begleitung von Viego Vandalez.
Im Hintergrund sah Lisandra kurz das Treppenhaus der Spiegelwelt aufschimmern –
es war der einzige Ort, an den diese Tür noch führte, und das auch nur, wenn
sich Maria in der Spiegelwelt aufhielt. Viego Vandalez nickte grimmig in
Richtung Hanns.
„Wo ist Haul?“
„Kommt gleich“, erklärte Hanns. „Keine Sorge!“
„Ich mache mir keine Sorgen“, erwiderte Viego, „aber meine Zeit ist
knapp.“
„Meine auch“, sagte Hanns. „Haben wir d-das Problem
nicht alle?“
Viego ignorierte den Einwand und schimpfte stattdessen los:
„Die Arbeiten, die ich vor einer Woche in Auftrag gegeben habe, sind
immer noch nicht erledigt! Nicht mal zur Hälfte! Ich frage mich, ob deine Leute
die richtige Moral an den Tag legen oder ob sie sich in der Sonne Lettimurs nur
gründlich ausruhen möchten!“
Hanns warf Lisandra und Gerald einen vielsagenden Blick zu, den diese ebenso
vielsagend erwiderten. Es war kein Geheimnis, dass Viego Vandalez den Eroberer
von Amuylett seit genau dem Tag nicht mehr ausstehen konnte, an dem ihm von der
heimlichen Liebesbeziehung zwischen Scarlett und Hanns berichtet worden war –
einer Affäre, die in ihrer schlimmsten Konsequenz bedeuten konnte, dass
Lettimur für den Rest der Ewigkeit ohne Viegos Lieblings-Cruda auskommen
müsste. Es sei denn, Hanns brach Scarlett noch rechtzeitig das Herz, indem er
bei einem Weltuntergang starb oder eine andere heiratete.
Obwohl es – darin waren sich Lisandra und Gerald einig – absolut
aussichtslos war, versuchte der Halbvampir immer wieder, einen Keil zwischen
Scarlett und ihre unmögliche große Liebe zu treiben. Er wollte sie unbedingt
davon überzeugen, dass der blonde, sich selbst maßlos überschätzende und
penetrant unersättliche Fortinbrack-Junge nicht dazu geeignet wäre, Scarlett
für immer glücklich zu machen.
„Er taktiert, er intrigiert, er hat die falschen Freunde und eine
Verlobte, die er nicht verdient!“, hatte Viego erst gestern wieder gepredigt.
„Er liebt das Risiko und den Nervenkitzel und du bist nur eine der
Attraktionen, mit denen er seine fragwürdigen Anstrengungen würzt. Je eher du
begreifst, dass er dich nur als willkommene Abwechslung missbraucht, desto
besser!“
„Auf wen soll ich mich denn sonst stürzen?“, hatte Scarlett erwidert,
wobei allen Anwesenden klar gewesen war, dass sie die Einwände des Halbvampirs
nicht eine Sekunde ernst nahm. „Wer ist gut genug für mich? Gerald vielleicht?“
„Das kann ich dir nicht sagen. Ich finde nur, du solltest dein großes,
spezielles und von mir sehr geschätztes Cruda-Herz nicht wegwerfen, indem du
dich von einem größenwahnsinnigen pubertierenden Super-Zauberer an der kurzen
Leine herumführen lässt wie ein beschränktes, treudoofes Hündchen.“
An der Stelle hatte Scarlett kurz nach Luft geschnappt und es war Viego
anzusehen gewesen, dass er erwog, ein wenig einzulenken, doch irgendetwas an
seiner Aussage veranlasste Scarlett, ganz plötzlich ihren Blick abzuwenden und
dabei so verträumt auszusehen, dass Viego beschloss, mit aller Konsequenz bei
der Härte seiner Worte zu bleiben. Als Scarletts Aufmerksamkeit zu ihm
zurückkehrte, verblüffte sie ihn mit einem unerwartet sanftmütigen Tonfall.
„Du brauchst nicht besorgt um mich zu sein, Viego!“, sagte sie. „Es soll
unschuldigere Mädchen geben als mich, die sich wider alle Vernunft in
gefährliche Männer verlieben – in Halbvampire zum Beispiel! Also lass mir meine
verhängnisvolle Liebe, es sei denn, du bereust, dass sich Geraldine vor langer
Zeit für dich entschieden hat.“
In solchen Momenten bereute es Viego sicherlich, dass er Scarlett gebeten
hatte, sie zu duzen. Die Autorität, die mit einem förmlichen Sie einherging, hätte er in diesem
Moment gut gebrauchen können.
„Mich und Hanns kannst du wohl kaum vergleichen“, hatte er gebrummt.
„Geraldines Herz war bei mir sicher.“
„Mein Herz braucht keine Sicherheit“, hatte Scarlett erwidert, „sondern
Leben!“
Diese Einstellung konnte und
wollte Viego nicht teilen, doch das bewahrte ihn nicht davor, ebenfalls auf den
Unsicherheitsfaktor Hanns angewiesen zu sein, denn nur mithilfe des
Amuylett-Eroberers ließ sich die neue Welt schnell und effektiv auf den Zuzug
vieler Menschen vorbereiten.
Ich finde soooooo süß wie sich Viego um Scarlett kümmert.
AntwortenLöschenKannst du mehr solcher Stellen machen??
#Bina
Das entscheidet die Geschichte selbst - mal sehen, wie es sich entwickelt :-) Schön, dass es dir gefällt, Bina!
LöschenLiebe Grüße
Halo
Ich habe mich sofort wieder in diese Welt hineinversetzen können und musste über Lisandras und Hans Gespräch schmunzeln. Hans als Charakter finde ich sehr schön (wie die meisten Anderen auch) da er sehr vielschichtig ist und nochmal einen guten Kontrast zu den Anderen bildet. Er ist ja auch in Sich ein Kontrast (der erbramungslose Eroberer, der kluge Stratege und der liebende, freundliche Hans), was man an dieser Stelle gut sehen kann. Viego sieht den erbarmungslosen Eroberer und Scarlett und Lisandra den liebenden, freundlichen Hans. Also ich finde die Stelle gut gelungen. Wie können sie nur so gut schreiben?
AntwortenLöschenVielen Dank für das Lob - und vielen Dank für das einfühlende Lesen!
LöschenLiebe Grüße
Halo
Ich kann nur sagen ich liebe diese Bücher. Ich freue mich schon sehr auf den nächsten Teil der Saga. Meine Lieblingscharaktere sind natürlich, wie könnte es anders sein, Hanns und Scarlett. Diese Liebe ist so unglaublich schön und perfektioniert das ganze Buch.
AntwortenLöschenDie Idee mit dem Vorauslesen finde ich gut.
Noch eine Frage hinterher: sind Sie deutsch?
Ja, ich bin eine Autorin aus Deutschland und der Name "Halo Summer" ist mein Künstlername. Es freut mich sehr, dass Hanns und Scarlett deine Lieblingscharaktere sind - die beiden können mich auch unendlich faszinieren :-). Viele liebe Grüße Halo
LöschenIch tauche sofort wieder ein in diese wunderbare phantastische Welt. Meine ganze Familie findet mittlerweile diese Saga unvergleichlich. Angefangen habe ich, dann musste mein Mann einfach anfangen zu lesen damit er mitreden kann und mein 13 jähriger Sohn hat alle Bände innerhalb von nicht mal zwei Wochen verschlungen. Es ist so wunderbar wie sich die Charaktere von Band zu Band weiterentwickeln und man mit jedem einzelnen von Ihnen mitfiebert, leidet, liebt.... FÜNF DAUMEN HOCH von uns. Liebe grüße
AntwortenLöschenDas freut mich immer ganz besonders, wenn eine ganze Familie vom Sumpfloch-Fieber ergriffen wird - so etwas Schönes! Vielen, vielen Dank und auch ganz liebe Grüße!
LöschenHalo
Ich tauche sofort wieder ein in diese wunderbare phantastische Welt. Meine ganze Familie findet mittlerweile diese Saga unvergleichlich. Angefangen habe ich, dann musste mein Mann einfach anfangen zu lesen damit er mitreden kann und mein 13 jähriger Sohn hat alle Bände innerhalb von nicht mal zwei Wochen verschlungen. Es ist so wunderbar wie sich die Charaktere von Band zu Band weiterentwickeln und man mit jedem einzelnen von Ihnen mitfiebert, leidet, liebt.... FÜNF DAUMEN HOCH von uns. Liebe grüße
AntwortenLöschenDas freut mich immer ganz besonders, wenn eine ganze Familie vom Sumpfloch-Fieber ergriffen wird - so etwas Schönes! Vielen, vielen Dank und auch ganz liebe Grüße!
LöschenHalo